Die Jungfrau in der Medizin

Junge Frau mit strahlendem Lächeln
Ob Frau (oder Mann) noch Jungfrau ist, kann man der Person nicht ansehen - Foto: AntonioGuillemF / depositphotos.com

Der Begriff Jungfrau bezieht sich in der Regel auf Frauen, kann aber auch für Männer verwendet werden, die noch keinen Geschlechtsverkehr hatten. Entgegen weit verbreiteter Annahmen lässt sich bei Frauen die Jungfräulichkeit nicht mit der Intaktheit des Jungfernhäutchens bestätigen. Das Jungfernhäutchen wird in der Medizin als Hymen oder auch als Vaginalkorona bezeichnet und verdeckt oder umrahmt Teile des Vaginaleingangs. Dessen Form ist dabei sehr variabel, teilweise kann es sogar ganz verschlossen sein. Da wird dann von einer Hymenalatrasie gesprochen, die operativ geöffnet werden muss. Im Mutterleib hat sich hier, wie auch an anderen Körperstellen, ein Schutzhäutchen gebildet, das sich mit der Geburt zurückgebildet hat. Ein evolutionärer Nutzen konnte bislang nicht festgestellt werden, mache Wissenschaftler gehen davon aus, dass es zum Schutz dient, andere, dass es rudimentär ist. Das Hymen bleibt ein Leben lang.

Übersicht

Können Männer überhaupt Jungfrauen sein?

Bei Frauen wird die Jungfräulichkeit oft über die Intaktheit des Jungfernhäutchens definiert. Damit könnten Männer keine Jungfrauen sein. Ebenso stellt sich die Frage, ob gleichgeschlechtliche Paare dann für immer Jungfrauen bleiben, denn in der Regel wird eine heteronormative Definition hergenommen. Das bedeutet, dass von einer Anziehung zwischen Frau und Mann ausgegangen wird. Es ist also eine persönlich Definition, was man als Geschlechtsverkehr ansieht und ab wann man nicht mehr von Jungfrau spricht, denn es ist mehr ein kulturelles Konstrukt als ein nachweisbarer Umstand.

Kulturelle Aspekte

Die Jungfräulichkeit besonders der Frau war früher und ist heute in manchen Kulturkreisen noch von hoher Bedeutung. In Deutschland war bis ins 20. Jahrhundert die Jungfräulichkeit der Frau vor der Ehe gesetzlich vorgeschrieben. In den meisten Religionen wird vorehelicher Sex nicht gerne gesehen. Im Islam wird den Jünglingen beispielsweise geraten, nur eine Jungfrau zur Frau zu nehmen. In diesen Kulturen hält sich nach wie vor der Mythos, dass Frauen beim ersten Geschlechtsverkehr bluten müssen. Das trifft in der Realität nur auf die Hälfte zu. Um dennoch den Blutfleck auf dem Lacken präsentieren zu können, machen manche Frauen eine Hymenalrekonstruktion, wobei dieses verengt wird und dann bei Penetration zu bluten beginnt. Es gibt auch schon künstliche Hymen, bei denen Kunstblut eingenäht wird, um kulturellen Erwartungen zu erfüllen.

Der Druck der Gesellschaft

Sex ist in unserer Gesellschaft ein allzeit präsentes Thema. Es wird offen thematisiert und genau das kann problematisch werden für Jungfrauen, die auf die 20 oder auch die 30 zugehen. Sie müssen sich Vorurteilen stellen und werden als unattraktiv, spießig oder verklemmt abgestempelt. Nicht selten stößt man auf Unverständnis, wenn man mit dem Geschlechtsverkehr länger warten will. Außerdem sind heute viele nicht mehr bereit, mit der schönsten Nebensache der Welt zu warten, da es als nicht mehr zeitgemäß gilt. Mittlerweile gibt es darum auch wieder Gegenbewegungen, Jugendliche, die versprechen, keinen Geschlechtsverkehr vor der Ehe zu haben.

Aus medizinischer Sicht lässt sich eine Jungfrau nicht feststellen. Es ist mehr eine gesellschaftliche Konstruktion, die oft in Druck und verzweifelten Taten endet. Geschlechtsverkehr ist eine persönliche Angelegenheit und wird dennoch selten so behandelt. Es gibt viele gesellschaftliche Konventionen, denen sich viele beugen wollen oder müssen.